"Nein, nein! Ich will nicht!! Lass das Licht an! Lass das Licht an,
bitte, lass das Licht an!!"; schrie Rosie. Ihre Mutter seufzte. Sie ging
zum Bett ihrer Tochter herüber und setzte sich neben ihre Tochter, auf
die Bettkante. "Rosie.", sagte sie zu dem Mädchen: "Du bist heute sechs
Jahre alt geworden - willst du da denn immernoch mit Licht schlafen?"
Rosie sah sie mit großen Augen an. Tränen liefen über ihr Gesicht. "Oh,
nein. Wein doch nicht kleine.", sagte ihre Mutter und strich ihr über
die Haare:" Ich weiß ja, was das letzte Mal passiert ist, als du
versucht hast im dunkeln zu schlafen... aber... Oma war alt. Es hatte
nichts mit deinem Alptraum zu tun. Du... es war nicht deine Schuld!"
Während sie das sagte überkahm sie allerdings schon ein mulmiges Gefühl.
Vor zwei Jahren war Rosie bei ihrer Großmutter zu Besuch
gewesen...
"Oma, schau mal !", rief das Mädchen fröhlich: "Ich hab dir ein Bild
gemalt !!" Sie hielt das Bild hoch. Man konnte darauf ganz deutlich fünf
Strichmännchen erkennen. "Das ist aber schön!", sagte ihre Oma zu ihr:
"Wer sind die alle, auf deinem Bild?" Das Kind deutete auf das erste
Strichmännchen:" Das bist du!", sagte sie lächelnd, und zeigte als
nächstes auf zwei der Strichmännchen die sich an den Händen hielten:
"Und das sollen Mami und Papi sein !" Ihre Oma hatte verstanden. Sie
sah Rosie an: "Das Sollst dann wohl du sein?", meinte sie und sah sich
das Bild genauer an :"Aber... wer ist das Mädchen neben dir?" Rosie sah
nun ziemlich ernst aus:" Weßt du, Oma, das ist ein anderes ich. Mein
ich, wenn ich schlafe. Nicht jeder hat so ein anderes ich... und es
kommt nur wirklich zum vorschein, wenn es dunkel ist... und..." Ihre
Großmutter musste lächeln: "Du hast so eine lebhafte Fantasie, Rosie."
Verständnisslos sah das Mädchen sie an. "Aber, wo du es sagst: Es ist
wirklich schon ziemlich spät. Du solltest langsam schlafen.", ihre Oma
nahm das Bild: "Ich werde es aufhängen. Morgen. Aber jetzt, lass mich
dich ins Bett bringen." Rosie stand auf ging in das Schlafzimmer, das
ihre Oma extra für sie eingerichtet hatte und zog ihren Schlafanzug an.
Dann legte sie sich ins Bett. Sie war fertig bevor ihte Großmutter den
Raum betrat:" Da warst du aber schnell!", meinte sie und deckte die
kleine zu: "Gute Nacht. Bis morgen." Dann drehte sie sich um und wollte
das Licht ausschalten. "Stopp!", quitschte Rosie erschrocken: "Du darfst
das Licht nicht ausschalten! Sonst wird sie kommen." "Du meinst
deine...dein anderes ich? Ach, Rosie... sie kommt ganz sicher nicht. Ich
weiß ja, dass deine Mutter dir immer ds Licht anlässt... aber ich bin
sicher, du schaffst es ohne einzuschlafen!" Als sie den verzweifelten
Blick des Mädchens sah fügte sie noch hinzu: "Soll ich dir etwas
vorsingen?" Rosie sah sie mit großen Auge an: "Sie singt mir auch immer
etwas vor..." Und so setzte sich ihre Oma zu ihr und sang ihr vor, bis
Rosie eingeschlafen war...
Rosie lief einen langen, dunkle Tunnel endlang. Am Ende des
Tunnels konnte sie ein schwaches Licht erkennen. Das Mädchen sah sich
um. "Bist du da?", flüsterte sie in die Dunkelheit, und wartete. Nach
einiger Zeit kam die Antwort in Form eines Flüsterns: "Ja...aber... es
ist so schön dunkel draussen. Rosie... ich möchte mal wieder...
rauß..." Rosie war unglücklich: "Nein, bitte. Lass mich hier nicht
alleine..." Wieder antwortete ihr die Stimme: "Aber du siehst doch
alles, was ich tue... oder... schlaf einfach hier, bis ich wieder da
bin..." Und sie fing an ihr etwas vorzusingen, bis Rosie erneut
einschlief, diesmal in einer surrealen Traumebene, und nichts davon mitbekam, was in dieser Nacht passierte...
Als sie am nächsten Morgen im Haus ihrer Oma aufwachte, hatte ein
Nachbar die Polizei gerufen. Zuerst wusste das Mädchen nicht was los
war, bis ihr einer der Polizisten erklärte, dass ihre Grossmutter in der
Nacht verstorben war und sie mit dem Auto zu ihren Eltern brachte. Die
kleine war vollkommen erschrocken und vollkommen durcheinander von ihren
Gefühlen...
Als das Kind am nächsten Abend einschlief, wurde sie bereits
erwartet...
"Was hast du gemacht?!", schrie Rosie ihrem zweiten ich entgegen: "Hast du sie getötet?!" Diesmal
dauerte es ein wenig bis die Antwort kam. "Ich kann doch nur rauß, wenn
es dunkel ist, da wo du schläfst... das kam schon so lange nicht mehr
vor, da musste ich meine Chance nutzen um... ein wenig Spaß zu haben.
Weißt du... manchmal habe ich das Gefühl, du willst, dass ich nur in
deinem Unterbewusstsein existiere. Dass ich deine Träume nicht verlasse.
Rosie, willst du mich hier einsperren?", fragte die Stimme. Rosie wurde
nervös. Sie sah zu Boden, dann antwortete sie: "Ich will doch nur, dass
niemandem etwas 'schlimmes passiert." Alles war
still. Nach einiger Zeit, die Rosie wie Stunden vorkahm antwortete ihr
zweites ich: "Aber... ich weiß, dass es dir im Unterbewusstsein auch
Spaß gemacht hat! Ich weiß alles, was du fühlst - bewusst oder unbewusst. Und
ich weiß, dass es dir Spaß gemacht hat!" Damit sprach sie Rosies größte
Angst aus, das, was das Kind am meisten beunruigte. "Nein! Das stimmt
nicht!!", rief Rosie: "Ich... ich hab hier geschlafen! Ich habe nichts
mitgekriegt! Das war ich nicht! Das warst du!" Statt einer Antwort
hörte sie nur ein Lachen, welches scheinbar von überall her
wiederhallte. "Aber... ich bin du!", hörte sie wieder die Stimme: '"Rosie...
lass uns eins werden! Wir könnten so viel Spaß haben! Alles was du tun
musst, ist zuhören! Ich werde dir wieder unser Lied vorsingen! Schlaf
ein... wir werden eins sein!" "Ich will nicht! Nein!", rief das Mädchen
und hielt sich die Ohren zu: "Lass mich in ruhe!" Ihr zweites ich sah,
dass sie jeden Moment aufwachen würde. "Eines Tages wirst du im Dunkeln
schlafen."; rief sie Rosie hinterher: "Und dann werde ich hier sein und
wir werden eins werden, weil du dann dazu bereit sein wirst! Denn ich
bin dein WAHRES ich!!"
Seitdem Rosie an diesem Tag aufgewacht war, war sie in ihren
Träumen zwar in den Tunnel zurückgekehrt, aber er war jedes mal leer
gewesen...
Nun saß ihre Mutter neben ihr auf der Bettkante und versuchte,
sie zu überreden ohne Licht einzuschlafen. "Ich werde das Licht
ausschalten, und dann kann ich ja noch hierbleiben, und dir eine
Geschichte erzählen, bis du eingeschlafen bist?", meinte die Mutter.
Rosie seufzte. Sie hatte die Diskussionen satt. Seit einiger Zeit,
versuchten ihre Eltern schon, sie zu überreden. Sie hatte es einfach
satt. "Ok...", sagte sie und sah ihre Mutter an:" Aber... ich will keine
Geschichte. Kannst du... mir vielleicht... etwas vorsingen?"
Das erste Mal seit langer Zeit wusste Rosie, dass sie nicht
alleine im Tunnel war. Und so wunderte sie sich auch nicht, als sie die
ihr so gut bekannte Stimme hörte: "Da bist du ja endlich." Rosie nickte.
"Ja...", sagte sie und ihr war klar, dass so etwas wie ein zweites ich
nicht existiert, dass es nur ihr eigenes Unterbewusstsein war, mit dem
sie da sprach:"Ich bin bereit!" Und sie sangen das Schlaflied zusammen...
Ein paar Tage später war die Polizei zu ihrem Haus gerufen
worden. Was sie vorfanden waren Rosies Eltern - beide erwürgt, aber an
ihren Leichen konnte keine DNA des Täters festgestellt werden. Von Rosie
fehlte jede Spur, aber die Polizei ging davon aus, dass sie
wahrscheinlich entführt, und ebenfalls ermordet worden war.
...
Die beiden waren gerade auf dem Heimweg von einer Party. "Hörst
du das?", fragte die etwa 16 jährige ihren Freund. Er sah sich um, dann
nickte er. "Hört sich an, wie ein singendes Kind, oder?", meinte er zu
seiner Freundin. "Irgendwie unheimlich...", fand sie. Sie gingen weiter.
Plötzlich blieb sie kreischend stehen. Direkt vor ihnen auf der
ansonsten leeren Seitenstraße stand ein Mädchen. Sie trug ein weißes
Nachthemd und wirkte wie in Trance. Oder... als ob sie...
Schlafwandelte? Ihre Schulterlangen, blonden Haare hingen glatt
herunter. "Warum... was macht ein Kind hier um diese Uhrzeit?", wunderte
sich die Jugendlichen. Das war einer der letzten Gedanken, bevor die
Polizei sie erwürgt auffinden würden... und dass letzte was sie hörten,
war Rosies Lied:
Sleep good,Sleep well, (Schlaf gut, Schlaf gut)
Don´t look, behind your back... (Schau nicht, hinter deinen Rücken...)
Sweet dreams, sweet dreams, (Süße Träume, süße Träume,)
I´ll come soon... (Ich werde bald kommen...)
I´ll get you... (Ich werde dich kriegen...)
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